November 12, 2011 to February 4, 2012

Annabelle Craven-Jones: PROPOSAL FOR MINDSCAPE (neuroAESTHETIC)

 

von Michèle Kieffer


Wer die Ausstellung PROPOSAL FOR A MINDSCAPE (neuroAESTHETIC) von Annabelle Craven-Jones betritt, trifft frontal auf das Ende einer eingezogenen Wand. Sie ist auf beiden Seiten mit Postern beschichtet, die den Satz KEEP THE DIFFERENT THOUGHTS SEPARATE in mehreren Abwandlungen durchspielen. Die verschobenen Satzglieder spielen optisch auf das bildgebende Verfahren der Magnetresonanztomographie an (tome, altgriech. „Schnitt“), einem Verfahren der medizinischen Diagnostik. Nicht nur auf diesen physischen Schnitt durch den Raum verweist Annabelle Craven-Jones im Titel der Installation MIND PORTRAIT (SLICE): Die Sätze fordern auch zu mentalen Aktionen heraus, denen zu folgen immer schwieriger erscheint, einem paradoxen Moment, in dem der Geist beginnt, sich selbst zu beobachten.

Annabelle Craven-Jones (geb. 1977 in Gloucestershire, GB) setzt sich seit Jahren mit der sich verbreitenden Therapiekultur und dem Emotionalismus der westlichen Gesellschaft auseinander. Diese starke Interesse spiegelt sich auch in einem 2009 absolvierten Vorbereitungskurs zur Kunsttherapeutin. In ihrer ersten Einzelausstellung außerhalb ihres Heimatlandes verarbeitet sie nun einen ganz bestimmten Aspekt dieser Thematik: den Akt des Scannens. Das Scannen dient allgemein zur Erfassung eines Objektes. In PROPOSAL FOR A MINDSCAPE (neuroAESTHETIC) wird das Scannen selbst zum Objekt, als Technik zur Erfassung des menschlichen Körpers und des Geistes.

So kommt rechts der Eingangswand ein herkömmlicher Flachbettscanner zum Einsatz. Die Werke zeigen die Künstlerin beim Abscannen ihres Körpers. In THE MIND SCANS THE BODY FOR FEELINGS FEELINGS MAY GO UNDETECTED, ist es u.a. der eigene Kopf, den Craven-Jones abbildet.

Links lädt dagegen eine intimere Raumsituation zur Teilnahme an einem psychotherapeutischen Set. Auf einem Teppich sind drei Sessel und ein Tisch platziert, auf diesem liegt die Anleitung zu einer Meditation bereit. In der Psychotherapie als „Body Scan Technik“ bekannt, fordern die Instruktionen uns auf, unsere Geistesgegenwart zu überprüfen. Der gleiche Text ist später in der Installation PRESENCE OF MIND (IMAGING) über Lautsprecher zu hören. PRESENCE OF MIND (IMAGING) animiert den langen, dunklen Kellerraum der Galerie. Durch Bewegungsmelder gesteuerte Lampen weisen den Weg hin zur hypnotischen Projektion einer Scannerlampe. Während eine Stimme den soeben gelesenen Text repetiert, entdecken wir auf einem Monitor unser Abbild, das über Kamera aufgezeichnet wird. Hier kulminiert, was schon die Dreieckskonstellation der Stühle andeutet: ein grundlegendes Prinzip der traditionellen Psychotherapie, die Vertraulichkeit der Aussprache unter vier Augen, weicht zugunsten einer Übersetzung in eine (allgemein lesbare) ästhetische Sprache.

Ein Symbol findet sich immer wieder in Craven-Jones Werk: das Dreieck. Im Bereich der Psychologie und der Psychotherapie ist es ein weitverbreitetes Zeichen, u.a. zur Symbolisierung einer bestimmten, dynamischen Beziehungskonstellation. So erklärt Craven-Jones auch: “The show’s repeated use (of the triangle) serves as an intensification of this cycle on the psyche”. Die Fährte für diesen psychischen Rundgang legt Craven-Jones, indem sie körperlich-räumliche, mentale und psychologische Scanvorgänge abbildet und zugleich in Gang setzt. Die Gesamtheit der Werke von PROPOSAL FOR A MINDSCAPE (neuroAESTHETIC) erfasst von Kopf bis Fuß.

 

 

 

 

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